TRIOlogie

Stephan. Peter. Kralle.

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Silberbart: 4 Times Sound Razing

* 12" LP, 1971, Philips 6305 095
* 12" LP, 2012, Longhair LHC124
* CD, 2012, Longhair LHC125

A-Seite:

  1. Chub Chub Cherry
  2. Brain Brain

B-Seite

  1. God
  2. Head Tear of the Drunken Sun

Peters erste LP, die er mit Silberbart aufnahm, erschien 1971, im selben Jahr, in dem auch Stephan Remmler unter dem Pseudonym Rex Carter und Kralle Krawinkel mit Cravinkel ihre ersten Werke - allesamt bei Phillips - veröffentlichten. 4 Times Sound Razing war eigentlich gar nicht als Album gedacht und wurde unter semiprofessionellen Bedingungen aufgenommen. Es sollte ursprünglich nur ein Demoband werden. Letztlich kaufte die Hamburger Plattenfirma Phillips die Aufnahmen und veröffentlichte sie auf dieser LP. Das Lied "Chub Chub Cherry" erschien zusätzlich auf einem Sampler namens "Krautrock", auf dem (neben Eloy, Frumpy oder Kraftwerk) auch Cravinkel mit "Sitting in a Forest" vertreten waren.

4 Times Sound Razing blieb die einzige Veröffentlichung von Silberbart. Aus nicht bekannten Gründen enzpuppte sich das Album viele Jahre später als begehrtes Sammlerstück. Für eine originale LP werden gerne mehrere Hundert Euro ausgegeben. Das führte dazu, dass eine ganze Reihe von Bootlegs mit dem Album erschienen (diese habe ich hier nicht aufgeführt). Erst über 40 Jahre nach der Erstveröffentlichung nahm sich das Label LongHair dem Album an und überarbeitete die alten Aufnahmen klangtechnisch und veröffentlichte es auf LP und CD. Dazu gab es ein erweitertes Bootlegs mit ein paar Infos zur LP und Band sowie einigen Fotos.

Promotext

Hier der ungewöhnlich lange Promotext der Plattenfirma zu dem Album:

„Unsere Gruppe ist wirklich höllisch laut“

„Silberbart“: Progressivität verstehen wir als Weiterentwicklung

Die Diskussion darüber, was an der Progressiven Musik noch progressiv sein kann, seit sie erfolgreich wurde, ist das zentrale Thema dieser Jungen Musikform. „Silberbart“, eine in Hamburg lebende Gruppe, hat seine Antwort darauf konsequent formuliert: „Wir verstehen Progressivität als Weiterentwicklung. Daraus haben wir drei für uns typische Eigenarten abgeleitet: Experimentelle Taktierung, Veränderung durch Klangfarben, Aufbruch in atonale Bereiche. Wir sind eine der lautesten Gruppen, die es gibt. Wir sind wirklich höllisch laut. Aber unser Sound ist leise nicht denkbar.“ Wer die „Silberbart“-Langspielplatte Philips 6305 095 auflegt, sollte seinen Volumne-Regler entsprechend einstellen.

Die Taktierung, also der besonders für den Rhythmus wichtige Aufbau eines Stückes, ist für die „Silberbärte“ Hajo Taschner und Werner Klug, die als Musikstudenten am Konservatorium in Hamburg-Blankenese eingeschrieben sind, edles Handwerk: „Wir arbeiten in der Silberbart-Musik gern mit variablen Metren, um diesen Begriff von Boris Blacher einmal zu gebrauchen. 7/8-und 9/8-Takt sind bei uns nichts Ungewöhnliches. Allerdings müssen wir manchmal üben wie die Teufel. Das sind Sachen, die nicht Jeder spielen kann.“

Die Klangfarben, Hauptbestandteil dea Sounds, werden von Silberbart zwar auch durch Gitarre, Baß und Schlagzeug bewirkt, aber in der Verbindung von Spielwelse und technischer Manipulation sehr vielseitig genutzt. Arbeitsmaterial sind natürlich auch Geräusche , wie das „Schrabben“ mit Messern, und Vorgänge wie das „Hochjaulen“ (ähnlich einem Sirenenton). Rückkopplungen (die fast ein Motorradfahrer bewirkt haben könnte) u.a. das akustische Repertoire von Silberbart, die vervollständigen. Hajo Teachner: „Wir versuchen, die Klangmöglichkelten so zu nutzen, wie es einer Drei-Mann-Gruppe nur irgend erreichbar ist.“

Die Atonalität, die auf die Beziehung zu einem Grundton verzichtet und sowohl in der Akkordbildung als auch in der Melodieführung alle harmonischen Bindungen hinter sich läßt, gibt den Musikern viel Freiheit. Wichtig: Silberbart macht keine Atonale Musik, sondern verarbeitet atonale Möglichkeiten. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn man beim Anhören der Silberbart-Musik auf Stellen stößt, die oft nur rhythmisch gleich sind, im übrigen aber zwei eigenständige Linien aufweisen (etwa von Gitarre und Baß), die eben nur durch den Rhythmus gebunden sind. „Wir machen das nicht zuletzt deshalb, um von den herkömmlichen Gitarrenphrasen wegzukommen.“

Der Mann, der den Baß spielt, ist Werner Klug. Er studiert Kontrabaß. Der dritte Mann, Peter Behrens, machte erst Jazz, dann Beat in mehreren Gruppen, auch in der Schweiz, .auch in Südwestafrika. Mal war er Bademeister, mal Kraftfahrer, mal Masseur. Und jetzt ist er Silberbarts Drummer, seit Januar 1970, als sich die Gruppe zu ihrer Jetzigen Form zusammentat.

Die Silberbart-LP enthält vier Stücke. Zunächst „Brain Brain“, gemeint ist das Über-Gehirn, das Gehirn vom Gehirn – ein Szenarium in absoluter Musik. „Chub Chub Cherry“ ist Heavy Rock, ausgestattet mit einer Art Liebestext. Auch das dritte Stück, „Heat Tear Of The Drunken Sun“, ist dem Heavy Rock zuzuordnen. Hier wird das Prinzip der zusammengesetzten Metren wirksam, die Tonalität wird in Frage gestellt, und das alles vor dem textlichen Hintergrund einer „Love Story“: Ein Mädchen kann einen glatt umbringen, wenn es so heiß ist, wie ein von der Sonne abschmelzender Tropfen.“ Das vierte Stück „God“, wird nach seinem Heavy-Anfang besondere in seinem zweiten Teil Interessant, mit explosivem Baß, grellem Becken, wechselnder Gitarrenführung. Im Gesang spiegelt sich eine gewisse Unzufriedenheit mit Gott, fast eine Provokation. „Brain Brain“ (drei Monate arbeitete die Gruppe an diesem Stück) ist etwa die Landmarke dafür, wo Silberbart heute steht – „God“, II. Teil, zeigt auf, wohin die Silberbart-Reise gehen wird.

Bei Silberbart wechseln voll durcharrangierte Passagen mit freien Strecken, die nur durch Absprachen flankiert werden. Mal abrupte Übergänge, Brüche, die erschrecken. Mal streicht ein Geigenbogen am Beckenrand entlang, dann wandert der Klang durch die ganze Stereo-Technik. Dynamische Musik, deren Funke auch dann überspringt, wenn die Gruppe auf der Bühne steht. Vital und laut. Ständig auf der Suche nach neuen Wegen, also im besten Sinne des Wortes progressiv: Silberbart.

Der das sagt, ist Hajo Teschner. Er machte sein Abitur, spielte Amateur-Beat, studierte Volkswirtschaft, Pädagogik, Soziologie, spielte zwei Jahre mit den „Tonics“ reinen Pop und studiert jetzt Musik, Konzertgitarre, Kompositionslehre. Er war es auch, der an einem Weihnachtsabend die Kinnhaare voller Christbaum-Lametta hängen hatte und damit Namensgeber der Gruppe wurde: Silberbart.

Silberbart: Hajo Teschner (26) Verner Klug (19) -Peter Behrens (23)
4_times_sound_razing.txt · Zuletzt geändert: 2018/03/21 18:38 von triologe

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